Editors

Interview

Editors
4 Jahre waren sie von der Bildfläche verschwunden, jetzt sind Editors wieder hier, mit 2 neuen Bandmitgliedern und ihrem vierten Studioalbum. Frontmann Tom Smith erklärt, wie REM das Album beeinflusste, warum ihn die dunkle Seite des Lebens fasziniert und wie ernst es um die Band wirklich stand.

Seit dem letzten Album hat sich das Lineup der Band geändert. Wart ihr überrascht, als Chris die Band verließ?

Nein, nicht wirklich. Wenn es einfach so passiert wäre, hätte es uns überrascht, aber es war einfach nicht zu vermeiden und das hat sich in den letzten Wochen und Monaten bevor es geschah schon abgezeichnet; es wurde einfach alles von Tag zu Tag schlimmer. Es war eine schwierige, turbulente Zeit für uns alle, traurig natürlich auch.

Gab es einen Moment an dem du alles einfach nur hinschmeißen wolltest?

Wir haben darüber nachgedacht, ja. Als es am Schlimmsten war, bevor Russell, Ed und ich beschlossen auch ohne Chris weiter zu machen. Wir haben einfach einen Punkt erreicht an welchem wir als Band kreativ nicht mehr funktionierten. Wir fanden keinen gemeinsamen Nenner für die Lieder die ich geschrieben und an denen wir schon anderthalb Jahre gearbeitet hatten.

Es sah wirklich danach aus, als ob In This Light and on This Evening das letzte Editors Album sein würde, und daß ich meine Lieder anderweitig unterbringen muss. Aber dann haben wir uns entschlossen auch ohne Chris weiter zu machen, obwohl wir nicht wussten wie genau das funktionieren soll.

Jetzt habt ihr zwei neue Mitglieder, dass muss sich doch ein wenig anfühlen, als wärt ihr in einer neuen Band?

Ja, so ist es irgendwie ja auch. Ursprünglich sollten uns die beiden nur aushelfen, weil wir einen Auftritt hatten – die größte Show die wir je spielten – und wir brauchten Hilfe mit den ganzen alten Liedern. Aber wir hatten natürlich daran gedacht auch an den neuen Songs herumzuspielen falls die Show gut verlaufen würde.

Die Wochen bevor die beiden kamen waren sehr dunkel und schrecklich, und dann auf einmal war es genau das Gegenteil: auf einmal wurde wieder miteinander gesprochen und es gab keine Grenzen. Davor hatten wir Angst neue Dinge auszuprobieren und kreativ gesehen haben wir uns alle erstickt gefühlt. Das hat sich schlagartig verändert, wir waren experimentierfreudig. Es war eine aufregende Zeit für die Band.

Sind die Lieder letztendlich sehr unterschiedlich von den ersten Demoversionen, die ihr mit Chris gemacht habt?

Ja, die meisten schon. Bei den moisten Liedern sind wir zurück zur Grundidee und haben von dort noch einmal neu angefangen. Wir versuchten, die Lieder ein wenig traditioneller anzugehen, sie klingen jetzt viel rockiger. Aber wir haben auch vieles zum ersten Mal probiert, wir hatten Streicher und Blechbläser. Die Lieder waren einfach für ein großes Arragement gemacht.

Habt ihr euch musikalisch an irgendetwas orientiert?

Wir wollten ein einfaches, bewegendes Rockalbum machen, ähnlich wie [Echo And] The Bunnymen, U2 oder The Cult. REM haben uns sehr beeinflusst, deswegen haben wir wohl die Demos auch einem amerikanischem Produzenten geschickt. Die Lieder sollten in die Umgebung passen.

Ihr hattet für jedes Album einen neuen Produzenten. Wieso?

Alle Produzenten, mit denen wir bisher gearbeitet haben, sind großartig. Wir finden alle unsere Alben und alle Produzenten die daran gearbeitet haben toll. Aber ja, wir haben für jedes der vier Alben einen neuen Produzenten ausgesucht.

Vielleicht verwirrt das die Leute ein wenig was unsere Identität angeht, aber ich finde es gut, wenn sie davon überrascht sind wie wir klingen. Vielleicht haben wir eine Persönlichkeitskrise. Wir versuchen auf jeden Fall zu verhindert, uns musikalisch zu wiederholen oder dass unsere Lieder wie eine schlechte Version älterer Lieder klingen.

Wir wollten das Album zunächst mit Flood machen (er produzierte das letzte Album), aber zu der Zeit war Chris noch in der Band und irgendwie ging es nicht voran. Wir hatten bereits ein paar Lieder aufgenommen, aber als es dann passierte und Chris die Band verließ dachten wir, wir sollten neue anfangen, als neue Band.

Wieso wolltet ihr mit Jacquire King arbeiten?

Wir finden die Lieder sehr mitreißend, und das hat uns an REM und andere Bands in Amerika erinnert, welche wir lieben. Eines Abends haben wir uns über die REM Alben unterhalten, die sie mit Scott Litt produzierten. Das führte uns dann zu solch großartigen Alben wie das von Kings of Leon, welches Jacquire produzierte. Wir haben uns dann die Alben angesehen, die Jacquire in der Vergangenheit produzierte und klassischer geht es wohl kaum: Modest Mouse and Norah Jones und Tom Waits.

Er ist ein sehr gefühlvoller Produzent. Studiotricksereien interessieren ihn nicht, er legt mehr Wert darauf eine tolle Performance festzuhalten. Genau das wollten wir mit den Liedern schaffen, wir haben ihn also die Demos geschickt und er fand die Idee toll mit uns als brandneue fünfköpfige Band arbeiten zu können. Als er uns dann nach Nashville einlud dachten wir nur „Warum nicht, ist ja nicht so weit. Also los!“

Die Thematik einiger Songs ist ziemlich düster. Wovon habt ihr euch textlich inspirieren lassen?

Es ist natürlich alles irgendwie auf mich zurückzuführen, aber die Songs sind keine Tagebucheinträge. Ich mag es meinen Gedanken freien Lauf zu lassen und Szenarien zu erfinden indem ich Leute um mich herum beobachte. Man schreibt einfach über Dinge, die einem interessieren und ansprechen. Ich glaube nicht daran, dass man traurig sein muss um traurige Lieder schreiben zu können. Das ist Blödsinn.

Im Vergleich zu vielen Popkünstlern sind meine Texte vielleicht schwerer und dunkler, aber auf der anderen Seite habe ich auch noch nie so aufrichtig über Liebe gesprochen. „The Phone Book“ ist ein einfaches, reines Liebeslied. Alle Lieder auf dem Album sind eigentlich Liebeslieder, allerdings untersuchen sie unterschiedliche Aspekte der Liebe und von Beziehungen.

Ich weiss auch nicht, ich sehen mich nicht als so düster, wie die Leute mich sehen. Gut, ich bin vielleicht düsterer als die meisten Menschen. Traurige Filme, traurige Geschichten sind doch immer besser, oder? (Lacht) Ich finde schon.

Was ist dein Lieblingssong vom Album?

Ich lerne die Songs selber noch kennen, aber ich bin sehr stolz auf “Nothing”, eine Zusammenarbeit mit Clint Mansell. Es ist irgendwie das Herzstück des Albums und ich freue mich immer darauf.

Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?

Ich habe ihn auf einer Hochzeit getroffen, vor ungefähr einem Jahr, aber wir wollten schon länger mit ihm arbeiten, weil er wirklich ein Meister ist, was das Atmosphäre schaffen angeht. Als wir dann im Studio waren und uns über das Lied unterhielten kamen wir auf „Eleanor Rigby“ und wie mutig das karge Arrangement doch ist – lediglich Vocals und Streicher – und damit fing es an. Wir wollten das richtige Arragement und den richtigen Arrangeur finden und ich meinte nur „Naja, ich habe Clint getroffen....ich schicke ihm das Lied.“

Kurz drauf hatten wir das Arrangment und ich war im Air Studio im Norden Londons und habe zu einem Orchester gesungen. Es war wundervoll.

Du bist jetzt seit einem Jahrzehnt in Editors, hat sich deine Motivation geändert?

Du strebst noch immer nach kraftvollen Momenten im Studio oder Proberaum, wenn die Lieder auf einmal Sinn machen, die Energie einfach da ist und sich dir die Haare im Nacken aufstellen. Und genau das passiert auch immer noch.

Aber Einiges ist natürlich auch anders, es ist immerhin schon unser viertes Album, unsere Haltung ist gereifter. Wir machen uns keine Sorgen mehr, ob wir cool oder relevant sind. (Lacht) Damit haben wir uns beschäftigt als wir anfingen. Aber im Prinzip versuchen wir noch das selbe aus den Liedern herauszubekommen wie damals.

Wenn du noch einmal zum Anfang deiner Karriere zurück könntest, was würdest du ändern?

Wir haben es zugelassen, dass (der bitische Fernsehsender) ITV einen unserer Songs im Abspann einer Dinosaurierserie benutzte. Es war wie Jurassic Park und Planet Earth miteinander vermischt. Wir haben nicht einmal viel Geld dafür bekommen. Sie haben „All Sparks“ benutzt und jedes Mal wenn ich den Abspann sah, dachte ich nur „Warum zum Teufel haben wir das getan“. Wenn ich die Zeit zurück drehen könnte würde ich zu mir sagen „Es ist es nicht wert, tu es nicht.“

Was ist dein persönliches Highlight deiner Zeit mit Editors?

Unser Leben hat sich verändert, als wir unseren Plattenvertrag unterzeichneten und unsere Jobs kündigten. Russell und ich haben in einem Callcenter für eine Bank gearbeitet, Ed und Chris in einem Schuhladen und wir haben jeden Abend als Band geprobt, und vielleicht ein oder zweimal pro Monat hatten wir einen Auftritt in kleinen Pubs um Birmingham. Und dann haben wir unsere Plattenvertrag bekommen und es gab einen Moment, an dem wir begriffen, dass wir nicht mehr arbeiten gehen müssen...

Es war nu rein kleiner Indiedeal und wir konnten keine Miete mehr zahlen, Chris und ich sind bei unserem Manager eingezogen, Ed und Russ lebten bei ihren Eltern, aber es war eine sehr aufregende Zeit.

Zuletzt, was sind deine Lieblingsalben aus 2013 bisher?

Die neuen Alben von David Bowie, Frightened Rabbit und The National sind alle wundervoll. Da gibt es diesen neuen Künstler, den wir entdeckten, während wir unser Album in Nashville aufnahmen: Night Beds. Ich habe auch eben angefangen mir das Jon Hopkins Album anzuhören, es ist total anders aber ich mag es. Ja, ein gutes Jahr bisher.