Royal Blood

Interview

Royal Blood editorial
2014 war für die Musiker von Royal Blood aus Brighton ein mehr als turbulentes Jahr: Sie wurden für den „BBC Sound of 2014“-Preis nominiert und von diversen Leuten wie den Artic Monkeys, den Pixies oder Jimmy Page in den Himmel gelobt. Ihr Schlagzeuger, Ben Thatcher, erzählt uns von der Berg- und Talfahrt der Band in 2014 und lüftet das Geheimnis hinter ihrem Debüt.

Also, Ben, welche Musiker haben Dich denn zur Musik gebracht?

Ehrlich gesagt ist das etwas peinlich. Heute hören wir ziemlich unterschiedliche Sachen, aber als Teenager hab ich eigentlich Mainstream gehört – die Charts rauf und runter. Mein erstes Album hab ich mir bei Woolworth gekauft: Aquarium von Aqua.

Großartig.

Meine Eltern waren überhaupt nicht musikalisch und deshalb haben sie auch keinerlei Wert auf musikalische Bildung gelegt. Da hab ich eben Spice Girls, Backstreet Boys, 5ive und so was gehört. Als mein Bruder dann anfing in einer Band zu spielen, gab er mir Sachen wie Foo Fighters, Queen of the Stone Age oder Nirvana – das hat dann den Weg für andere Sachen frei gemacht. Ich weiß, dass das bei Mike ähnlich war. Vielleicht hat er nicht gerade Aqua gehört, aber er hat ja Klavier gespielt und gerne mal so Sachen wir ABBA und ähnliches nachgespielt.

Deine Ehrlichkeit ist beeindruckend: Normalerweise präsentieren die Leute doch letztlich immer ein cooles erstes Album.

Aber mein erstes Album war cool! Da war „Barbie Girl“ und „Doctor Jones“ drauf. Der zweite Song fing mit Hufgeklapper von Pferden an, das hatte was Mittelalterliches. Und da gabs auch ein Stück, das hieß „The Candyman“, erinnerst Du dich an das? Und „My Oh My“ und „Roses are Red“... Ok, ich wird jetzt nicht das ganze Album durchgehen...

Hast Du vor Royal Blood in vielen anderen Bands gespielt?

Ja, in vielen, seit ich sechs Jahre alt war eigentlich. Ich meine, ich bin quasi mit dem Wunsch aufgewachsen in Bands zu spielen, und hatte letztlich auch den Wunsch das beruflich zu machen. Ich war z.B. bei vielen Talentwettbewerben in der Schule dabei. Später bin ich dann zum Music College – da war ich in allen möglichen Bands und Musik-Formationen.

Hast Du da immer Gitarre gespielt?

Ich war Gitarrist in einer Band namens „Slay the Country“ in der Mike witzigerweise auch war – und Umhängekeyboard gespielt hat (lacht). Wir hatten es damals tatsächlich geschafft von einer Produktionsfirma unter Vertrag genommen zu werden, aber ich bin dann ausgestiegen, weil mir klar wurde, dass ich kein Gitarrist bin, sondern irgendwie immer nur so getan hatte. Aus dieser Band ist dann ein anderes, etwas düstereres Bandprojekt hervorgegangen – „Hunting the Minotaur“. Aber nach einer Weile wollten alle doch irgendwie andere Sachen machen.

Kannst Du Dich an deine erste Begegnung mit Mike erinnern?

Ja, das war bei einer Veranstaltung vom Music College – ich war 17 und er war 15. Ich erinnere mich, dass ich ihn echt mochte, obwohl er sich zu der Zeit an meine Freundin rangemacht hatte. Die beiden hatten sich ziemlich gut unterhalten und irgendwann bin ich dann aber dazwischen, um ihn wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen! Aber als das geklärt war, wurden wir gute Freunde und hingen viel zusammen ab in der Musikszene an der Südküste. Wir hatten einige gemeinsame Bandprojekte – sogar eine Hochzeitsband.

Wie war das mit Bands wie „Drenge“ oder den „DZ Deathrays“? Momentan gibt es ja einige einflussreiche Rock-Duos. Habt Ihr nie dran gedacht, mehr Leute zu Royal Blood dazuzuholen?

Nein. Wir haben mit Royal Blood angefangen, weil wir einfach Lust darauf hatten gemeinsam Songs zu schreiben und zusammen Musik zu machen. Und logistisch lief das immer denkbar einfach: Ich hab Mike einfach immer mit dem Auto abgeholt, sein Schlagzeug hinten reingepackt und dann haben wir immer irgendwo unsere Songs performt. Mike hat immer eine riesige Amp- und Effektpedalen-Sammlung dabei und wir haben mit dem Bass-Sound rumexperimentiert. Wir hatten immer genau dieselbe Vorstellung davon, welchen Sound wir wollten – eine zusätzliche Person hätte da wahrscheinlich gar nicht gepasst.

Was sind denn die Vorteile ein Duo zu sein?

Da gibt’s Vor- und Nachteile. Du kannst Dich voll auf die andere Person einlassen und wenn alles stimmt und man denselben Sound anpeilt eben sehr kreativ arbeiten. Es gibt einfach weniger Leute im Boot, die man berücksichtigen muss – das hat Vor- und Nachteile.

Mit der Nominierung für den BBC Sound of 2014-Award ist klar, dass Ihr einen ziemlich guten Start hingelegt habt. Wie fühlt es sich an, die einzigen Rock Newcomer auf der Liste zu sein?

Kennst Du das, wenn Dir jemand was erzählst, was Du nicht richtig einordnen kannst? Du nickst einfach und tust so, als hättest Du alles verstanden. So ähnlich war das mit der Nominierung – wir haben zuerst einfach gedacht: „Ah, super Sache“ und erst nach und nach haben wir dann geschnallt, dass es eine echt große Sache war.

Es war eine große Ehre zusammen mit so vielen großartigen Talenten gelistet zu werden. Obwohl ich es grundsätzlich merkwürdig finde, dass bei solchen Preisen Musik als Wettbewerb verstanden wird. Jeder hätte gewinnen können und es gibt so viele andere talentierte Bands, die genauso auf der Liste hätten stehen können. Außerdem hat es uns einigen Druck gemacht, dass soviel darüber berichtet wurde, dass wir die einzige Gitarren/Rockband auf der Liste sind. Die Leute sagen, „Royal Blood“ würde den Rock’n’Roll zurückbringen.

Wie seid Ihr mit diesem Druck umgegangen?

Wir haben einfach weitergemacht mit dem, was wir gerne machen: Songs schreiben und performen.

Um den Leuten einen kleinen Vorgeschmack auf euer Debütalbum zu geben: Was kann man erwarten?

Es ist ziemlich puristisch. Kein Verstecken hinter irgendwas: Es gibt Drums, Bass und Vocals – das ist alles. Wir sind ins Studio mit der Vorstellung davon, das auszudrücken, was wir auch leben – also keine Effekthascherei, keine Geigen oder so Zeug.
Wir sind da eigentlich eher so rein gerutscht und haben kontinuierlich jeden Monat Songs geschrieben und sie gleich aufgenommen. Am Ende des Jahres hatten wir 16 Stücke zusammen, die wir alle sehr mochten. Zehn davon haben wir dann fürs Album ausgewählt. In der letzten Minute, als wir fast fertig waren, haben wir dann noch mal zwei Songs aufgenommen, die wir eigentlich immer als Soundcheck gespielt hatten. Das sind jetzt die letzten beiden Songs auf dem Album.

Hast du ein Lieblingsstück auf der Platte?

Mir gefällt „Out the Black“ weil es unsere erste Single war und wahrscheinlich meine liebste Liveperformance ist. Es macht einfach Spaß, den Song zu spielen und außerdem fängt das Publikum schon beim Intro an super mit zu gehen.

Was sagt eurer Debütalbum über euch als Band aus?

Ich weiß nicht, ob es wirklich unsere Persönlichkeiten spiegelt - es ist einfach die Musik, die wir machen. Mit dem Album haben wir unseren Claim abgesteckt: einfach ehrliche Rockmusik und ein Sound der rockt... Das hat es so lange nicht mehr gegeben.

Genau wie die Arctic Monkeys und die Pixies, deren Opener ihr ward, soll Jimmy Page angeblich auch ein Fan von Royal Blood sein. Stimmt das?

Das war ein total surrealer Moment. Ich erinnere mich noch, dass ich direkt hinter ihm auf die Bühne ging bei einer unserer Shows in New York und ich dachte noch, der sieht irgendwie aus wie Jimmy Page. Wir hatte schon gerüchtehalber gehört, dass er eventuell kommen wollte, aber es nicht zu hoffen gewagt. Er ist unser absolutes Idol. Er war dann ja tatsächlich gekommen und wir haben gemeinsam hinter der Bühne abgehangen und ihn zu Led Zepplin gelöchert.

Wie hat er von euch erfahren?

Er hatte uns bei „Later with... Jools Holland“ gesehen und er mochte was wir da performt haben. Und dann wollte er uns live sehen. Ich habe den Eindruck, er ist eben ein großer Musikliebhaber. Er ist schon ein ziemlich mysteriöser Typ. Niemand kennt ihn wirklich. Aber er war einfach authentisch und hat einige nette Sachen über Royal Blood gesagt. Das war toll!

Es war ein irres Jahr für euch beide. Was erhofft ihr euch für das kommende Jahr?

Um ehrlich zu sein haben wir darüber noch gar nicht nachgedacht. 2014 sind die Ereignisse einfach auf uns eingeprasselt. Ich hoffe, ich zitiere Ronan Keating hier richtig, aber es war wie eine Achterbahnfahrt. 2014 waren wir ganz oben und plötzlich ging es wieder abwärts und wir haben keine Ahnung, was die nächste Kurve bringt. Und es ist noch lange nicht vorbei.
Es gab so viele Highlights, ich kriege gar nicht mehr alle zusammen... Wir haben in Clubs gespielt, in denen ich selbst schon meine Lieblingsbands gesehen habe. Wir waren in Glastonbury und bei all den anderen großen Festivals. Wir hatten unsere ersten Auftritte in den USA und Australien. Und wir waren zu Gast bei Jools Holland und Jimmy Kimmel. Jeder Tag war komplett neu für Mike und mich.

Und als nächstes geht es zum Reading Festival, stimmt’s?

Ja, ich kann es kaum erwarten. Ich war da selbst als Teenager und weiß, was das heißt.

Du musst hunderte von Interviews geführt haben dieses Jahr. Gibt es etwas was du bisher nie gefragt worden bist, aber mal loswerden möchtest?

Eigentlich nicht... Es gibt eher Fragen, die wir inzwischen so oft gefragt worden sind, dass ich aufpassen muss mich nicht wie ein Roboter anzuhören. Die beste Frage kam mal am Ende eines langen Interviewtages. Wir waren schon völlig fertig als dieser Typ reinkam und sagte: „Ihr werdet oft mit den White Stripes verglichen.“ Dann fragte er wortwörtlich: „Wollt ihr lieber der Drache sein oder wollt ihr den Drachen lieber reiten? Diese Frage hat mir die Augen geöffnet.

Was wünscht ihr euch für das neue Album?

Ich möchte lieber der Drache sein.

August 2014