Daughter

Interview

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Wir haben das Indie-Folk Trio aus London schon lange auf unserem Radar, das Debütalbum If You Leave enttäuscht nicht. Wir haben uns mit Sängerin Elena Tonra über Inspiration, Tod und die Kunst loszulassen unterhalten.

Können wir uns bitte über deinen musikalischen Hintergrund unterhalten? Was ist deine früheste musikalische Erinnerung?

Das ist schwer, meine Eltern haben immer viel Musik zu Hause gespielt, ich kann mich also an verschiedene Künstler erinnern. Mein Vater war ein riesiger Neil Young und Bob Dylan Fan. Meine Mama liebte David Bowie. Wir haben immer diese Fernsehshow angesehen, Sounds of the 70s, wir Kinder fanden es total unterhaltsam den Glam-Rock Stars zuzusehen. Mein Großvater ist Ire, er hat immer viele Irische Folklieder gesungen, es gab also allerlei verschiedene Musik um mich herum.

Wann hast du angefangen Musik zu schreiben?

Als ich 11 oder 12 war. Aber das waren noch keinen wirklichen Lieder, eher Texte, ich konnte noch keine Instrumente spielen. Ich hatte einen Fisher Price Kassettenrekorder mit dem ich herumgespielt habe. Das war aber sehr einfach und ich hatte keinerlei Absichten das mit irgendjemanden zu teilen.

Ich hatte eine Schublade voller Papier auf dem ich herumgekritzelt habe, das hat mir sehr gut getan, denn damals habe ich nirgends wirklich reingepasst. Wenn man auf einmal von lauter neuen Leuten umgeben ist wenn man von der Grundschule auf die Mittelschule wechselt...es war nicht leicht für mich Leute zu finden, die mir ähnlich waren. Ich habe also meine Einsamkeit auf diese Art ausgedrückt.

Das wurde eine komische Angewohnheit, ich musste über schwierige Erfahrungen schreiben. So enstanden die Texte, und irgendwann kam dann die Musik dazu, als ich die Gitarre meines Bruders in die Hand nahm und ein paar einfach Akkorde lernte. Das war allerdings erst sehr viel später, als Teenager.

Arbeitest du immer noch so?

Das ist von Song zu Song unterschiedlich. Manchmal kommt mir etwas in den Sinn wenn ich gerade keine Gitarre habe, aber normalerweise enstehen Musik und Text zusammen.

Wie kam es zur Gründung der Band?

Wir sind alle auf das Selbe College gegangen. Ich hatte einen 1-jährigen Kurs in Songwriting belegt, dort habe ich Igor getroffen. Er hat mich interessiert, weil er Musik so anders anging als ich: während ich mich mit einer Gitarre hinsetzte, interessierte ihn die Produktion viel mehr. Es war total spanndend zu sehen, was er jede Woche entwickelte. Remi hat den Schlagzeugkurs belegt.

Wir haben die Band gegründet als wir mit dem College fertig waren, erst waren es nur Igor und ich. Ich hatte ihn überredet für mich bei einem Auftritt Gitarre zu spielen. Und dabei haben wir festgestellt, dass wir echt gut zusammen arbeiten können. Wir hatten ähnliche Ideen was die Richtung der Songs anging. Wir haben dann die His Young Heart EP veröffentlicht, und für die Wild Youth EP wurde Remi offiziell Teil der Band.

Wir lieben das Album. Seid ihr mit dem Ergebnis zufrieden?

Danke! Ja, ich bin wirklich stolz drauf. Wir haben es im Dezember fertig gestellt und es hat dann erst einmal eine Weile gedauert, bis ich es wieder anhören konnte. Wir hatten uns einfach ein Jahr lang so intensiv damit beschäftigt. Mittlerweile hören wir es wieder, immerhin müssen wir üben es live spielen zu können.

Wir haben das Album recht spontan gemacht. Es gibt Sachen, die wir ändern hätten können um es perfekt zu machen, aber ich finde es irgendwie ganz schön, dass man manchmal Hintergrundgeräusche hört. Es ist schön, sich daran zu erinnern wo es aufgenommen wurde.

Ihr habt Youth, Tomorrow und Shallows für das Album neu aufgenommen. Was hat den Originalaufnahmen gefehlt?

Hauptgrund dafür war, daß wir die Lieder anders angehen wollten, besonders Youth. Die Originalaufnahme haben wir sehr schnell gemacht und wir hatten nicht so viel Zeit daran zu arbeiten. Es hat einfach Sinn gemacht das neu aufzunehmen, daß es zum Rest des Albums passt.

Wir haben es live aufgenommen für das Album. In The Shallows und Tomorrow auch. Es war schön die Lieder live aufzunehmen, damit es sich wie ein Live Auftritt anfühlt. Ich hoffe, es ist niemand sauer, daß wir sie neu aufgenommen haben!

Die meiste Produzentenarbeit hat Igor geleistet, aber ihr habt euch auch Hilfe von Rodhaidh McDonald und Jolyon Thomas geholt. Wie haben die beiden euren Sound bereichert?

Um ehrlich zu sein, war es toll für Igor jemanden zu haben, mit dem er rumspielen konnte. Wir nehmen für fast alle Songs Demos auf, machnmal behalten wir Elemente der Demos oder wir nehmen manches neu auf. Igor war sehr beeindruckt wie vorsichtig Rodhaidh mit unseren Demos umging. Aber als Produzent ist es natürlich sein Job, die Lieder nicht klingen zu lassen, als wären sie im Badezimmer aufgenommen worden. Rodhaidh ist einfach sehr gut mit elektronischem Zeugs. Es war total interessant von ihm zu lernen, wie man elektronische Sounds mit natürlichen Instrumenten verschmelzen lassen kann.

Gegen Ende haben wir dann mit Jolyon gearbeitet, das war toll, denn er hatte die Sichtweise eines Ausstenstehenden. Wenn man sich ein Jahr lang nur mit bestimmten Liedern beschäftigt, dann braucht man jemanden, der einem sagt, wann man aufhören soll.

Habt ihr euch, musikalisch gesehen, an jemandem orienitiert?

Nicht wirklich. Als ich die Lieder schrieb habe ich nicht viel Musik gehört. Ich wollte weg von Sound und Technologie und dem Internet, um mich komplett auf unsere Musik konzentrieren zu können. Igor und ich blieben für 14 Tage in einer alten Kapelle und haben dort geschrieben.

Wir haben ein paar Klassiker gehört, wie etwa Radiohead oder Sigur Rós. Igor hat mir schon immer neue elektonische und alternative Musik gezeigt, wie etwa Sun Glitters, den haben wir viel gehört zu dieser Zeit.

Habt ihr musikalische Vorbilder?

Ich bin seit meinen Teenagerjahren besessen von Jeff Buckley. Als ich Grace das erste mal hörte war das so anders als alles, was ich je zuvor gehört hatte. Seine Stimme ist einzigartig. Grace hat meine Einstellung zur Musik geändert.

Thom Yorke fasziniert mich was die Texte angeht. Mit Radiohead und solo. Seine Perspektive und die Art und Weise wie er über Dinge spricht, sind unheimlich interessant.

Die Thematik auf dem Album ist unheimlich traurig stellenweise. Ist das autobiografisch?

Ja, es ist ein sehr persönliches Album. So ziemlich jeder Song ist persönlich, einige Lieder sind eher aus beobachtender Sicht. Die Anspielungen auf den Tod etwa. Das klingt vielleicht komisch, aber ich mag es, über den Tod nachzudenken. Einfach, weil es etwas so Ungewisses ist, und es so vieles gibt über das man nachdenken kann. Was passiert mit uns, wenn wir sterben? Werden wir ganz alleine sein oder werden wir mit unseren Lieben wiedervereinigt? Sowas eben, „In The Shallows“ handelt von meiner Faszination vom Tod.

Ist es dir manchmal unangenehm solch persönliche Lieder mit einem Publikum zu teilen?

Hm, ich habe mir darüber noch nie wirklich Gedanken gemacht. Ich habe schon immer so geschrieben, ich erzähle jedem alles. Es ist vielleicht ein wenig einschüchternd, weil einige Lieder so morbide sind, aber das ist doch irgendwie worum es in der Kunst geht: seinen Gefühlen Ausdruck geben. Ich hätte es vielleicht ein wenig abschwächen können oder Textstellen streichen können, aber ich wollte ehrlich sein. Ich habe keine Gefühle aus diesem Album weggelassen.

Hast du ein Lieblingslied auf dem Album?

Ich glaube „Lifeforms“. Der Song war zunächst sehr einfach, ich habe ihn auf einer Akustikgitarre geschrieben. Igor hatte dann jede Menge Ideen, und obwohl ich anfangs sehr beschützend und skeptisch war haben wir uns für 24 Stunden im Studio eingeschlossen und gegen 3,4 in der Früh hat Igor mit einem Bogen herumgespielt und lauter komische Geräusche gemacht. Darauf haben wir das Lied aufgebaut. Wir waren total müde aber zugleich aufgeregt und auf einmal hat der Song einfach Sinn gemacht. Ich bin sehr stolz darauf.

Debütalbums sind ja oftmals eine Art Statement. Was sagt euer Debüt über euch aus?

Hm, keine Ahnung. Vielleicht, daß wir depressiv sind? (Lacht) Es ist ein sehr introvertiertes Album, vielleicht weil wir uns von der Außenwelt abgeschottet haben als wir es aufnahmen. Wir haben es im Januar geschrieben und Dezember war es dann fertig. Es dokumentiert also das letztes Jahr. Aber ich hoffe doch, dass es den Zuhörer auch einlädt, daß die Lieder den Leuten was bedeuten, denn dann bin ich mit meinen Gedanken nicht alleine.

Was habt ihr in 2013 noch so vor?

Wir werden viele Liveshows spielen, das wird toll. Wir werden in England und Europa touren und dann in Amerika. Wir werden auf jeden Fall in Japan für ein Festival sein. Und dann die üblichen Festivals hier. Wir werden viel arbeiten.

Was sind eure ganz großen Ziele als Band?

Immer wieder neue Inspiration zu finden und von unseren Lieder begeistert zu sein. Musik zu machen, auf die wir Stolz sind, uns weiterzuentwickeln. Das war unser Motto bisher und hoffentlich machen wir so weiter. Wenn wir irgendwann als Band keinen Spass mehr haben, dann sollten wir aufhören, denn dann macht weitermachen keinen Sinn mehr. Sorry, unser Gespräch hat jetzt leider ein recht morbides Ende gefunden. (Lacht).

März 2013