Shamir

Interview

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Shamir Bailey war noch nicht einmal 20 als seine Northtown EP 2014 veröffentlicht wurde – kein Wunder, dass sich die halbe Musikindustrie die Köpfe verrenkt hat um einen Blick auf das neuentdeckte Wunderkind zu werfen. Nicht einmal ein Jahr später veröffentlicht Shamir seinen glitzernden Disco- und House beeinflussten Langspieler „Ratchet“ über XL Recordings. Wir haben uns mit dem Wirbelwind aus Las Vegas getroffen um über den Hype rundum Shamir zu erfahren.

Hi Shamir, wie geht es dir?

Ziemlich gut danke, ich bereits mich im Moment auf meine Tour vor die in ein paar Tagen losgeht.

Lebst du noch in Las Vegas?

Im Moment lebe ich überall und nirgends. Ich bin immer noch regelmäßig dort – ich war erst vor zwei Wochen um genau zu sein – aber jetzt bin ich in LA um für die Tour zu proben.

Können wir kurz über deinen musikalischen Background sprechen? Was ist deine früheste musikalische Erinnerung?

Vermutlich die Zeit die ich mit meiner Tante verbracht habe. Sie sind nicht und spielt auch kein Instrument aber sie liebt es Texte zu verfassen. Früher waren ständig Musiker, Produzenten und Sänger bei ihr um Musik für ihre Texte zu schreiben. Da war alles dabei von Country über R&B bis Pop. Von ihr hab ich gelernt wie Musik machen funktioniert.

Was war die erste Platte die du dir selbst gekauft hast?

Ich denke, das war Cat Power? Wenn ich mich recht erinnere heißt das Album Juke Box – auf jeden Fall die Platte auf der Blue ist.

Hast du jemals Musikunterrricht genommen?

Nein, ich hab mir alles selbst gelernt. Meine Mama hat mir eine Gitarre gekauft aber sie hat gesagt sie zahlt mir keinen Unterricht (lacht) Auch das Songswriting war ein sehr natürliches Ding. Ich bin um Akkorde gehüpft bevor ich überhaupt wusste was ich tue und habe hie und da Texte dazugschrieben. Bevor ich mit meinen Solo Sachen gestartet habe war ich in einer Band namens „Anorexia“. Solo Musik war sozusagen mein zweites Experiment – und ja, das ist daraus geworden.

Du hast deine Debüt EP mit Nick Sylvester aufgenommen – wie entstand diese Zusammenarbeit?

Die EP ist auf seinem Label Godmode entstanden. Ich hab ihm mein Demo geschickt, so ungefähr 6 oder 8 Monate bevor die EP erschienen ist. Ich wollte wirklich nur meine Aufnahmen die ich zu Hause aufgenommen habe veröffentlichen. Ich hatte keine Ahnung das er auch ein Produzent ist und Musik macht, von dem her war das eine ziemlich coole Überraschung.
Wir haben Northtown in ungefähr zwei Wochen aufgenommen – im Grunde nur um zu sehen ob wir zusammenarbeiten können. Das hat unfassbar gut funktioniert, wir sehen die Dinge sehr ähnlich und das ist wirklich eine Rarität. Und als wir die EP veröffentlicht haben hat sich auch schon XL Recordings gemeldet und die Sache hat ihren Lauf genommen..

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Warst du ein Fan von XL bevor sie dich unter Vertrag genommen haben?

Oh ja, auf jeden Fall. Hast du die Liste der Künstler angesehen die die dort haben? Da sind soviele tolle Künstler – ich mag M.I.A sehr, sehr gern, sie ist so ein Visionär. Ich liebe Peaches ,sie ist eine große Inspiration und ich liebe Vampire Weekend.

Wann hast du mit den Arbeiten an Ratchet angefangen?

Nicht direkt nach der EP. Die meisten Songs sind erst zwischen Oktober und Dezember 2014 entstanden. Es ging also alles wirklich sehr schnell.

Wie funktioniert dein kreativer Prozess?

Es variiert ziemlich viel. Manchmal arbeite ich nur mit der Gitarre oder dem Piano an einem Song, und spiele einfach drauf los und manchmal sendet mir Nick ein Instrumental Demo und ich schreibe rundherum.

Gab es ein – musikalisches – Ziel für Ratchet?

Nicht unbedingt. Von der Ästehtik her wollte ich auf jeden Fall in diesem Disco und House Vibe bleiben, aber sonst hat jeder Song seine eigene Inspiration und das eigentliche Ziel war es das auf dem Album rüber zu bringen. Ich hatte eine Checklist an Genres die ich auf dem Album haben wollte, und als ich hinter jedem Punkt auf der Liste ein Häckchen machen konnte fühlte es sich für mich sehr abgerundet an. Man findet R&B, Rap, ziemlich straighten Pop, ein bisschen Punk, und der Bonus-Track ist ein akkustischer Folk-Song. Ja, ich muss sagen ich bin sehr happy und aufgeregt, dass ich das alles hinbekommen habe.

Hast du dich von gewissen Songs oder Künstlern inspirieren lassen?

Total. Das hört sich vielleicht komisch an aber die Melodie zu „Call It Off“ habe ich von einem Jewel Song. Ich finde das total witzig, aber ich liebe Jewel.

Aber im Grunde ist das Album auch sehr uninspiriert – ich war nicht super versiert in House oder Disco Musik ,und das finde ich auch gut weil ich so nicht in Gefahr laufe Dinge zu kopieren.

Welche Themen wolltest du auf Ratchet ansprechen?

Alle Songs handeln vom Leben. Ich schreibe gerne über Dinge die jeden betreffen aber die niemand anspricht. Zum Beispiel „Make A Scene“ handelt von diesem eigenartigen Alter in Amerika zwischen 18 und 21 – wo du zwar schon Erwachsen bist, Steuern zahlst, alleine leben und zur Army gehen kannst, aber man darf keinen Alkohol trinken und hat auch keinen Zugang zu vielen Clubs oder Shows. Das ist total komisch und ich glaube nicht, dass ich schon jemals eine Song darüber gehört habe. Wir müssen uns im Grunde damit abfinden obwohl das doch gar nicht zusammenpasst. Hot Mess wiederum handelt von Selbstzweifel, Tod und dem Leben nach dem Sterben.

Wie würdest du „Darker“ beschreiben?

Ja das ist auch über Tod und das Leben danach. Ich wurde mit dem Ideal erzogen, dass man erst stirbt wenn man alles getan hat was man tun soll und, dass alles für einen Grund passiert. Und das ist nicht unbedingt eine schlechte Sache. Darker ist einer der ältesten Songs auf dem Album, und wenn man genau hinhört bemerkt man diesen Scratch Acid Sound am Beginn von Darker. So ist der Song entstanden – ich habe einfach ein Stück meines Lieblingssongs gelooped und meinen Song geschrieben.

https://www.youtube.com/watch?v=0XoGrh9eL9Y

Kannst du uns etwas über den Albumtitel sagen?

Ähnlich wie bei Northtown ist das eine Hommage an meine Wurzeln und an die Leute die mich kennen. Meine Freunde und ich nennen uns gegenseitig Ratchet. Also wenn ich das sage spreche ich sie auf jeden Fall an.

Hast du während der Aufnahmen etwas über dich selbst gelernt?

Wenn, dann vermutlich Geduld. Ich fühle mich zwar wie eine geduldige Person aber ich habe gelernt Kompromisse einzugehen. Ich habe immer allein an meiner Musik gearbeitet. Selbst als ich in Anorexia war, hat jeder seine eigenen Songs geschrieben und wir haben sie den anderen gelernt, es gab keinen Aspekt des „zusammen an etwas arbeiten“. Es ist also das erste Mal das ich jemanden in mein musikalisches Schaffen heranlassen, so wie das vorher noch nie der Fall war. Musikalisch war das hier 100%ige Teamarbeit.

Was sagt dieses Album über dich als Künstler aus?

Ich hoffe es zeigt meine Vielseitigkeit. Ich möchte nicht das sich die Leute an etwas „gewöhnen“ – ich bin ein Künstler der sich gerne selbst herausfordert. Es langweilt mich wenn ich immer dasselbe mache – egal ob musikalisch oder in einem anderen Bereich meinees Lebens.

Was ist dein Plan für den Rest von 2015?

Ich möchte mehr auftreten. Ich habe bis jetzt nur eine handvoll Shows gespielt, und jetzt habe ich ein Album und dadurch auch Songs die ich spielen kann. Auf das freue ich mich schon sehr und genau wegen der Performance mache ich das ganze auch.

Gibt es noch Ziele die du anstrebst?

Ich möchte meine neuen Sachen so schnell als möglich veröffentlichen und ich möchte die Person sei von der man ständig neue Musik erwarten kann. Ich möchte nicht, dass drei oder vier Jahre vergehen bis ich was neues veröffentliche – ich arbeite auch schon wieder an meinem neuen Album.

Wenn du das schon sagen kannst – was war dein persönliches Highlight bis jetzt?

Meine ganze Solo Karriere ist einfach nur ein verrücktes Highlight bis jetzt – alles was bis jetzt passiert ist hat meine Vorstellungskraft schon übertroffen. Aber hm.. vielleicht meine erste Tour durch Europa – es war verrückt wieviel Liebe mir entgegen gebracht wurde.

Mai 2015