José González

Interview

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Sieben Jahre lang musste wir auf das Nachfolgealbum von „In Our Nature“ warten – nun ist es endlich da und wir haben uns mit dem schwedischen Singer-Songwriter getroffen um mehr über „Vestiges and Claws“ zu erfahren.

Es ist einiges an Zeit vergangen seit deinem letzten Solo Album – sieben Jahre um genau zu sein. Hast du dir bewusst eine längere Pause genommen?

Nicht wirklich, ich habe das JUNIP Album gemacht dann Fields, wir haben da und dort getoured und als sich dann die Frage stellte wie es weitergehen soll hat es sich natürlich angefühlt mit Junip weiterzumachen, also haben wir das durchgezogen. Und da ich generell eher langsam bin wenn es um das Schreiben von Alben geht sind eben sieben Jahre vergangen.

Wurde die Solo Arbeit irgendwann ermüdend, oder wolltest du einfach mal was anderes machen?

Ja, es ging mir hauptsächlich darum mal etwas mit einer Band zu probieren und dann wieder richtig zurückzukommen. Während der vergangen Jahre hab ich immer wieder mal am Album gearbeitet und Demos und Ideen gesammelt. Also ich dann 2014 damit gestartet habe ging alles um einiges schneller als bei den anderen Alben.

Du hast aber nicht nur am Junip Album gearbeitet sondern auch am Göteborg String Theory Projekt und am Soundtrack zu „Das ertaunliche Leben des Walter Mitty“.

Ja beide Projekte – der Film und die Orchesterarbeit waren gute Möglichkeiten andere Dinge auszuprobieren und mit anderen Leuten zu arbeiten. Bei der Arbeit mit dem Orchesta haben andere die Arrangements gemacht und ich musste nur noch auftauchen und spielen. Und beim Film habe ich mit Theodore Shapiro zusammengearbeitet der für den Großteil der Musik verantwortlich war - ich habe mein Gesumme gemacht und meine Gitarrenparts eingespielt und hab mich einfach mit auf die Reise begeben.

Fühlst du dich ab und zu eingeschränkt von den Erwartungen anderer Leute wie ein José Gonzalez Album klingen soll?

Nicht wirklich. Bei diesem Album wollte ich weiterführen was ich bei den letzten beiden schon begonnen habe. Ich wollte mich auf die Gitarre, Gesang und Schlagzeug konzentrieren und ich habe einen Stil gefunden der mir wirklich gut gefällt. Ich glaube die Erwartungen anderer Leuten kommt von den Coverversionen die ich in letzter Zeit gemacht habe (Anm.: Heartbeats), aber ich verbringe nicht viel Zeit damit darüber nachzudenken. Wir haben uns um ehrlich zu sein dazu entschlossen für das erste Junip Album keine Covers zu machen und seit dem ist es irgendwie zu einer Tradition geworden keine Covers mehr auf Alben zu packen.

Hast du etwas von deinen vergangen Projekten mitgenommen, dass du in „Vestiges and Claws“ gepackt hast?

Ja ich glaube ich hab mich noch nie so wohl gefühlt bei der Produktion und dabei andere Instrumente zu benutzen. Mir ist jetzt mehr bewusst wie ich bei der Produktion tricksen kann um einen Song so zu bauen wie ich ihn gerne hätte – und auch in musikalischer Hinsicht bin ich selbstsicherer und traue mich Harmonien zu ändern. Anderen Menschen fällt das vielleicht an diesem Album nicht auf weil es ähnlich klingt wie die letzten zwei aber für mich persönlich war es leichter zu schreiben. Ich habe mehr ausprobiert – zum Beispiel bei „Stories We Build, Stories We Tell“ and „Every Age“ und es hat mir großen Spaß gemacht.

Was war der kreative „Startschuss“ zu diesem Album?

Ich hatte diese Sammlung von Demos und Riffs die ich über die Jahre gesammelt habe, und als ich „Open Book“ und „The Forest“ fertig hatte haben sich diese beiden als gute Startpunkte angefühlt. Ich empfand die beiden irgendwie als klassich – vor allem „Open Book“ hat für mich diesen klassichen Folk Stil. Also ja ,diese beiden Songs und auch der Songtext zu „Leaf Off / The Cave“ sind ein bisschen schneller als meine früheren Songs. Ich hab mich dieses Mal wohler dabei gefühlt die Stile der Songs etwas zu mixen.

Obwohl du dich musikalisch nicht sehr veränderst und eher karg bist gibt es eine sehr interessante Textur auf dem Album..

Ja, bei den ersten beiden Alben wollte ich Songs kreieren die ich alleine mit meiner Gitarre spielen kann – das hab ich auch bei diesem Album gemacht aber manche der Songs haben ein gewisses zusätzliches Extra gebraucht. So hat es angenfangen dass ich mehr Vocals oder mehr Gitarre oder mehr Schlagzeug als üblich benutzt habe. Auf der anderen Seite – wie du schon angesprochen hast – ist die Produktion eher spährlich, ich wollte keine Synthesiser oder elektronische Beats oder ähnliches.
Es gibt eine gewisse Art von Musik die ich gerne aufnehme und spiele also allein daher grenze ich mich selbst in gewisser Weise ein und so ist es mir möglich all die Harmonien die ich gerne hätte aufzunehmen und die Freiheit mit Klatschen, Gitarre und Shaker zu arbeiten. Mein Stil ist denk ich keiner den ich all zu oft höre und der mir auch abgeht wenn ich neue Musik hören. Es gibt einen gewissen Stil in der Produktion der öfter vorkommt ans andere und ich wollte das meiner heraussticht.

Du hast auch dieses Album selbst produziert – hat irgendjemand anderes auf diesem Album gearbeitet?

Es kam eigentlich alles von mir – ausgenommer einer Flöte. Ausser der hab ich das Album selbst aufgenommen, selbst geschrieben und auch selbst gemischt.

Gibt es eine bestimmte Message die du rüber bringen willst oder haben sich die Themen einfach nach und nach entwickelt ?

Ich habe alle Texte selbst geschrieben aber zum Ende hin, als die meisten Songs mehr oder weniger ferti gwaren, habe ich mehr und mehr an gewissen Themen gedacht und wie die Texte der einzelnen Songs verbunden sind. Ich habe mich für „Vestiges und Claws“ als Titel entschieden – eine Songzeile aus meinem Song „What Will“: Spuren (Vestiges) beschreiben unsere Ideologie und unser kulturelles Erbe oder Gepäck und Krallen (Claws) ist eine Metapher für Werkzeug – im technischen Sinne aber auch als Idee. Ich habe diesen Zugang zu vielen meiner Texte.

Wenn du dich auf kulturelle Praktiken beziehst inkludierst du dann auch Religion?

Ja, ich meine „kulturelle Spuren“ kann alles sein, etwas total triviales wie die Art und Weise wie wir Essen in den Kühlschrank geben oder ernste Themen wie etwa die Genitalverstümmelung von Frauen. Also ja, unser kultureller Ballast steht oft auch in Verbindung mit religiösen Praktiken aber ich würd nicht sagen, dass sich das Album generell mit Religion beschäftigt, für mich ist das ein sehr weiter Begriff.


Ich bin Atheist, ich mag Humanismus und ich mag es nicht wenn jemand versucht über Ethik oder Moral aus der Perpektive eines göttlichen Schöpfers zu sprechen. Aber meine Musik ist für alle da und immer wenn ich Texte schreibe versuche ich sie so zu gestalten dass sie jeder für sich interpretieren kann.

In deinem Song „Every Age“ singst du davon das beste aus diesem kurzlebigen Zustand zu machen was sich nach einer sehr optimistischen Botschaft anhört.

Es soll auch optimistisch sein.. aber auch genauso ernst.

Sind das Themen die dich immer schon sehr beschäftigt haben oder wurden sie wichtiger mit zunehmenden Alter?

Ich glaube ich habe mit „In Our Nature“ damit angefangen. Ich habe über die Natur des Menschen und über Religion nachgedacht – zb bei meinem Song „Abram“ – da ist diese natürliche Weiterführung. Und ich glaube über die Jahre habe ich begonnen mich mehr für Soziologie, Psychologie und Philosophie zu interessieren.


Ich finde es ausserdem interessant wenn die Weltanschauung einer Person zu Politik führt. Ich denke meine Texte sind eher „allgemein“, ich spiele mit vielen Metaphern, ich verstehe sie mehr als Gedichte oder Kunst aber es könnte auch politisch verstanden werden – das kommt vermutlich auf den Hörer an.

Einige sehen „Vestiges and Claws“ als das letzte Album einer Akkustiktriologie. Siehst du da auch so?

Es fühlt sich sehr ähnlich wie die letzten beiden an also ja man kann sagen es ist eine Triologie, aber es ist keine Fortsetzung. Ich denke dass ist nur eine Art es interessanter für die Medien klingen zu lassen (lacht)

Also siehst du es als Ende dieses Kapitels?

Nein, ich werde mit Sicherheit weiterhin ähnliche Songs schreiben. Aber ich finde es einen schönen Gedanken dieses Album als den dritten, abschließenden Teil zu sehen, es gibt also keinen Grund mehr Alben mit akkustischen Songs und einem ähnlichen Artwork zu machen. Ich werde vermutlich weiterhin akkustische Songs schreiben aber ich denke diese drei passen gut zusammen.

Was steht dieses Jahr noch auf dem Programm?

Dieses Jahr widme ich komplett meiner Tour – ich werde in Europa, Nord Amerika und einigen Festivals während des Sommers spielen. Ich habe mich noch nicht entschieden wo es im Herbst hingeht – vermutlich Australien oder Lateinamerika aber ich freue mich schon die Songs dieses Albums zu präsentieren. Ausserdm freue ich mich schon bald wieder an neuen Songs zu arbeiten. Ich veröffentliche fast immer alle drei Jahre Musik, und es wäre nett das etwas öfter zu tun.

Februar 2015