Bat for Lashes

Interview

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Kurz vor der Veröffentlichung ihres dritten Albums hat sich Natasha Khan mit uns über Sexismus in der Musikindustrie unterhalten und wie sie anhand von The Haunted Man geschafft hat Geister aus der Vergangenheit zu bannen. Und natürlich haben wir sie nach dem Albumcover gefragt.

Es ist schon ein wenig her seitdem wir das letzte Mal von dir gehört haben, was hast du so getrieben?

Vieles! (Lacht). Ich war für das letzte Album 2 Jahre auf Tour, und danach war ich einfach nur müde. Ich habe versucht neue Musik zu schreiben aber es gab nichts was ich sagen wollte. Und es fühlt sich echt doof an wenn du nichts Gutes schreiben kannst. Also habe ich viel Zeit zu Hause verbracht, ich habe Zeichenkurse besucht, viel gelesen, viele Filme angesehen, mir ein Kätzchen gekauft...

Kann man die Schreibprozesse von The Haunted Man und Two Suns oder Fur and Gold vergleichen?

Diesmal war es viel weniger geballt. Two Suns war äußerst strapaziös aber die Lieder stammen alle aus seiner ganz bestimmten Zeit und beziehen sich auf bestimmte Erfahrungen. Dieses Album ist über einen viele längeren Zeitraum entstanden, die Theme sind also vielseiter und es gibt mehr Feinheiten.

Ich habe viel von zu Hause aus produziert, habe dort zusammen mit David Kosten und Dan Carey an Lieder gearbeitet und bin dann nach Italien und LA gereist; dort habe ich mir die Meinungen anderer Musiker geholt und mich natürlich von ihnen inspirieren lassen.

Spürst du jemals Druck die Erwartungen anderer Leute an deine Person zu erfüllen? Oder bedeutet erfolgreich sein mehr kreativer Freiraum?

Eine Mischung aus beidem. Anfänglich habe ich sehr viel Druck verspürt, aber der ging von mir aus. Ich bin mir selbst mein größter Kritiker und ziemlich perfektionistisch veranlagt. Ich wollte natürlich kreativ und innovativ bleiben.

Jeder geht davon aus, daß einem die Plattenfirmen mehr vertrauen je erfolgreicher man ist, und in gewisser Weise vertrauen sie mir auch. Aber wenn es um Poplieder geht, dann musste ich doch ganz schön kämpfen. Plattenfirmen vertrauen niemals komplett auf jemands Vision, sie machen sich immer um den kommerziellen Erfolg Sorgen.

Laura war das erste Lied das du vom Album veröffentlich hast. Es ist eine wunderschöne Ballade, aber klingt nicht wirklich wie der Rest des Albums. Warum hast du dieses Lied als erste Single gewählt?

Ich wollte ein Signal setzen, Achtung es kommt bald ein neues Album. Und weil ich wusste, daß die Plattenfirma die poppigsten, am meißten dem Mainstream angepassten Lieder vom Album als Singles auskoppeln wollen würde, habe ich mich dazu entschlossen einfach eine Ballade online zu stellen. Ich glaube das ist ziemlich ungewöhnlich... (Lacht) Aber ich finde das Lied gut und das war einfach meine Möglichkeit etwas zu veröffentlichen was ziemlich künsterlisch und integer ist.

Es ist ein ziemlich vielseitiges Album: wir liebe es. Was wolltest du mit dem Album erreichen?

Danke. Ich habe um die 40 Lieder geschrieben und als sich die besten Lieder herauskristallisiert haben, waren diese ganz unterschiedlich. Die eine Hälfte war sehr romantisch, poetisch, organisch und Englisch, die andere Hälfte war sehr tanzbar mit vielen Beats und schwerem Bass.

Dann habe ich die ruhigeren Lieder mit ein paar elektronischen Sounds versehen und bei den elektronischen Liedern habe ich echte Instrumente mit eingespielt. Die beiden Seiten waren also letztendlich sehr schön miteinander verbunden. Es ist sein sehr vielseitiges Album aber ich glaube das kommt davon, dass es über einen solch langen Zeitraum geschrieben wurde. Die Lieder passen aber zusammen, hoffe ich jedenfalls.

Die Thematik der Lieder ist auch ähnlich. Familie, Beziehungen, Abstammung. Es geht darum Geister aus der Vergangenheit zu bannen und sich etwas Neues, Aufregendes einzulassen.

Wovon hast du dich inspirieren lassen?

An Weihnachten war ich in LA und habe dort ein Album von Active Child entdeckt, es heisst You Are All I See. Ich liebe dieses Album und habe es monatelang ununterbrochen angehört. (Lacht) Mir hat auch der Soundtrack zu Drive unheimlich gefallen und ich habe viele Choräle gehört. Ausserdem habe ich Björk auf ihrer Biophilia Tour gesehen. Das hat mich sehr fasziniert, besonders wie sie Chor und bewegungsempfindliche Instrumente eingebaut hat. Ich habe auch viel getanzt und mir viele Tanzfilme angesehen. Das war vielleicht viel mehr Inspiration als Musik.

Auf „Oh Yeah” hört man auf jeden Fall, daß du von Chören beeinflusst wurdest…

Ja, allerdings ist das ein altes Sample eines Gospelsängers. Aber auf „The Haunted Man" gibt es z.B. eine Stelle an der alle Männer sehr chor-ähnlich singen.

Dieses Lied wurde ja auch zum Albumtrack. Was bedeutet dieser Titel für dich?

Titel und Musik sind sehr eng mit dem Albumcover verbunden. Der „haunted man“ ist die Last vergangener Beziehungen, und wie ich versuche diese Last loszulassen und mein Verhalten zu ändern. Ich habe mich mit meiner Familiengeschichte befasst und der Geschichte Englands. Männer die von Erinnerungen an den Krieg verfolgt werden, Hexenverbrennungen: verrückte Sachen die in Generationen vor uns geschehen sind.

Der haunted man kann all das sein – ein Liebhaber den ich vermisse oder dessen Erinnerung ich loslassen will, oder ein Sohn der im Krieg war und den ich gesund pflegen will – aber diese Symbol zieht sich wie ein Leitfaden durch das Album.

Das Albumcover ist sehr mutig. War das deine Idee?

(Lacht) Ja…keine Ahnung wie ich drauf kam. (Lacht) Ich habe Bilder von Ryan McGinley gesehen auf welchen er nackte Menschen fotografierte die Wölfe um den Hals hängen hatten. Ich liebe diese Bilder: sehr roh, natürlich und wild. Es ist sehr viel heidnischer und einfacher als alles was ich bisher gemacht habe.

Für mich ist dieses Bild eine Art von Kunst. Und als ich mich dazu entschloss es als Album Cover zu benutzen empfand ich das als sehr intensiv. Aber das ist für mich nicht Natasha, das ist definitiv Bat For Lashes.

Es ist sehr wichtig Frauen auf natürliche, gesunde Art und Weise darzustellen. Nicht magersüchtig oder extrem dick. Es gibt so viele Extreme, so viel provokative und sexuelle Nacktheit bei Frauen. Ein Albumcover ohne Make-up und Photoshop Trickserei ist recht selten. In den 70ern gab es sowas öfter, z.B. bei John and Yoko, Carole King, Janis Joplin oder Patti Smith. Ich wollte dieser Tradition gerecht werden.

In letzter Zeit gab es viele junge, starke weibliche Künstler. Gibt es heutzutage mehr Gleichberechtigung in der Musikindustrie?

(Seufzt) Ich liebe all die weibliche Künstler die in letzter Zeit ihren Durchbruch geschafft haben, besonder Anna Calvi ist fantastisch. Aber generell finde ich, daß Frauen schlechter dran sind denn je.

Schau dir einfach mal Künstler aus den 70ern an: Carole King wäre nie berühmt heutzutage, die Öffentlichkeit würde über ihre Nase lästern. Und es gibt Leute die mir sagen ich sollte mir meine Brüste machen lassen. Die Erwartungen an Frauen sind ziemlich faschistisch. Wir sollen hübsch sein oder einen gewissen Look haben.

Früher gab es viele berühmte Leute unterschiedlichen Alters, und sie haben auch so ausgesehen als ob sie aus verschiedenen sozialen Schichten kommen. Die Gesellschaft heutzutage ist sehr vergegenständlicht – obwohl es Musikerinnen gibt die viel erreicht haben in der Alternativszene. Es ist schon ein komischer Gegensatz.

Zurück zum Album: wir haben gehört, daß du Beck die neuen Lieder vorgespielt hast um seine Meinung zu bekommen?

Yeah, about 10 of the very early demos, of which probably only two made it onto the record. Beck was fantastic: we played and experimented with lots of different instruments that he had in his studio in LA, and he ended up playing on ‘Marilyn’ and ‘Oh Yeah’. But really, his role was to be a sounding-board; a creative contemporary who was very supportive. Because, as a solo artist, you don’t have a band that you can go to rehearsal space with and just try stuff out. Ja, 10 der ersten Demos, davon haben es nur 2 aufs Album geschafft. Beck war fantastisch: wir haben mit vielen verschiedenen Instrumenten herumgespielt die er in seinem Studio hatte und er hat dann auf „Marilyn" und „Oh Yeah" gespielt. Aber seine Rolle war eher die eines Ratgebers; ein kreativer Zeitgenosse der mich sehr unterstützt hat. Als Solokünstler hat man eben keine Band mit der man herumspielen und proben kann.

Gibt es jemanden, mit dem du gerne zusammenarbeiten würdest?

Wenn ich an einem Album arbeite kommt mit normalerweise jemand in den Sinn. Ich kann dann diese bestimmte Person quasi auf dem Album hören. Auf dem ersten Album war das Josh Pearson, auf dem zweiten Scott Walker. Für dieses waren es männliche Chöre. Ich würde gerne eines Tages mit Thom Yorke singen, er hat eine wunderbare Stimme.

Was ist dein Lieblingslied auf The Haunted Man?

Das ändert sich ständig, aber ich liebe die Romantik auf „Marilyn". Das erste Lied eines jeden Albums hat immer einen besonderen Platz in meinem Herzen, einfach weil das den Ton angiebt. „Lilies" beschreibt die Frustration darüber wenn man feststeckt, aber am Ende kommt die Erläuchtung – diese riesige Erleichterung. Und in gewisser Weise ist das das Thema des Albums. Mir gefällt auch „Deep Sea Diver" weil es so beruhigend ist. Wie ein Film.

Du wurdest schon zweimal für den Mercury Preis nominiert und hast einen Ivor Novello gewonnen – was willst du noch erreichen?

Ich hätte gerne eine Single die gut bei den Radiosendern ankommt und erfolgreich ist, denn immerhin lernte ich auf diese Art viele Künstler kennen die ich wirklich liebe: Prince, Kate Bush, David Bowie. Wenn ich mit diesem Album meinen Ruf zementieren kann würde mir das vielleicht mehr finanzielle Unterstützung bringen und kreative Freiheit und etwa einen Tanzfilm zu machen oder recht theatralische Live Produktionen.

Preise sind natürlich eine nette Begleiterscheinung, aber ich will eigentlich nur weiter das machen was mir gefällt ohne den Druck mich künsterlisch zu verraten. (Lacht)